Beitrag aktualisiert: Juli 2023
Unsere Bulgarienreise 2018 hatte in Plovdiv angefangen (Siehe: Plovdiv Tipps für diese bezaubernde Stadt) und jetzt ging es weiter mit der Schmalspurbahn durch die Rhodopen zum Wellness und Kurort Velingrad. Am nächsten Tag fuhren wir weiter mit der Rhodopenbahn bis Razlog und dann weiter mit dem Transfer nach Gorno Draglishte. Da erlebten wir am Abend in Pension Deschka bulgarisches Slowfood und sensationellen bulgarischen Gesang.
Stichwort Rhodopenbahn
- letzte Schmalspurbahn in Bulgarien
- Spurweite: 760 mm
- 125 km lang
- zwischen 1922 und 1945 gebaut
Eisenbahnromantik in den Rhodopen
Das wir unbedingt mit der Rhodopenbahn fahren wollten war uns bei der Planung unserer Bulgarienreise schon klar. Im Fernsehen hatten wir eine Sendung über die Schmalspurbahn gesehen und das schien uns genau das Richtige. Die Strecke kann man auch an einem Tag schaffen, das dauert ungefähr fünf Stunden, aber wir wollten gerne einen Zwischenstopp in Velingrad einlegen.
Die Strecke führt von Septemvri bis nach Dobrinishte und der Zug hält dazwischen ungefähr 25 Mal (es sei denn man erwischt den Schnellzug). Da wir eine organisierte Reise gebucht hatten mussten wir uns nicht um Tickets kümmern. Was ich sehr angenehm fand, da die Leute oft nur bulgarisch sprechen (oder russisch…aber damit komme ich auch nicht viel weiter…). Man kann aber auch an einigen Bahnhöfe Tickets am Schalter kaufen, wenn es die Möglichkeit nicht gibt kann man sie auch im Zug kaufen. Ein Ticket für die ganze Strecke der Schmalspurbahn müsste so knapp 7 lv (3,50 Euro) kosten…
Von Plovdiv nach Velingrad
Wir starteten in Plovdiv. Im Hotel haben sie ein Taxi für uns bestellt. Bis zum Bahnhof waren es 2 km und nur 5 lv…(2018). Wir hatten zwar noch eine Stunde Zeit, aber das war auch gut so… Man konnte sich wirklich schlecht orientieren. Es gab weder Angaben zu welchen Gleis oder auch Zeitangaben. Außer natürlich eine Tafel im Eingangsbereich. Im nachhinein glaube ich dass sie damals noch beim Renovieren waren für das nächste Jahr (Kulturhauptstadt 2019), und einfach die Schilder und Infotafel noch nicht da waren.
Trotz Unsicherheit und Suchen haben wir dann doch problemlos den richtigen Zug erwischt und waren auf dem Weg nach Septemvri. Unsere reservierten Plätze haben wir zwar nicht gefunden, aber ein Plätzchen zum Sitzen, sogar alleine im Abteil schon. Die Fahrt dauert, je nachdem welche Verbindung man wählt, zwischen 35 und 60 Minuten.
Fahrt ab Septemvri bis Velingrad
In Septemvri war die Rhodopenbahn gut ausgeschildert, deswegen hatten wir keine Schwierigkeiten den Anschluss zu bekommen. Es war recht voll im Zug. Leider haben wir die von der Fernsehsendung versprochenen Hühner und Bauersfrauen nicht gesehen, dafür einige Touristen und ganz viele Bulgaren. Die Fahrt war bequem und schön. Die Landschaft fängt schon an interessant zu werden, auch wenn uns der schönste Teil am nächsten Tag noch bevorstehen würde. Die Fahrt nach Velingrad dauerte nur 1,5 Stunden.
Gegen 14.00 Uhr waren wir am Bahnhof. Mittlerweile war es sehr heiß geworden. Wir beschlossen trotzdem den Weg zum Hotel zu Fuß zu gehen. Es war nicht sehr weit, nur 1km vom Bahnhof, aber bei der Hitze dann doch anstrengend. Zumal die Straßen oft hauptsächlich aus Löchern bestehen…dann kommt man mit einem Rollkoffer auch nicht sehr weit…
Wir haben zuerst eingecheckt im Hotel, haben die Koffer auf unser Zimmer gebracht und sind sofort raus in die Stadt gegangen weil wir was essen wollten.
Velingrad Kurort und Wellness Stadt
Velingrad wurde schon als Spa Hauptstadt von Bulgarien gewählt und nicht ohne Grund. Es ist der größte Badekurort des Landes, alles dreht sich um die Thermalquellen. Achtzig Mineralquellen gibt es in Velingrad, in verschiedenen Zusammensetzungen und Temperaturen. Da die Zusammensetzung so unterschiedlich ist können viele verschiedene Krankheitsbilder behandelt werden. Oder man genießt einfach das schöne warme Wasser…
Die Stadt hat nur 21.000 Einwohner und ist eigentlich eine Zusammenführung von den Dörfern Kamenitza , Ladzhene und Chepino im Jahr 1948. Ich finde es keine besonders schöne Stadt. Aber wir haben zugegebenermaßen auch nicht die ganze Stadt gesehen da wir nur sehr kurz da waren und auch den Wellnessbereich vom Hotel nutzen wollten.
Hotel Lucky Light
aktualisierung Juli 2023: das Hotel Lucky Light ist leider dauerhaft geschlossen!
Das Hotel liegt nicht weit vom Zentrum in einer ruhigen Straße. Das Zimmer selber war…naja…sehr…grün… Aber sauber und geräumig mit einem schönen Bad. Das Buffet am Abend war in Ordnung, aber nichts besonderes.
Der Wellnessbereich war unten im Keller und so fühlte sich das auch an. Ein bisschen dunkel und ungemütlich. Der Whirlpool war zum Beispiel im Fitnessraum. Wir hatten den Raum aber für uns alleine, das war angenehm. Das schöne an dem Whirlpool ist das es Thermalwasser ist, sowie auch im Pool draußen.
Leckerer Ayran im Restaurant Orpheus
Nach dem Einchecken sind wir sofort wieder rausgegangen weil wir gerne was essen wollten. Wir sind bei ‘Orpheus’ gelandet, unweit vom Hotel. Übrigens soll der Sänger aus der Mythologie in den Rhodopen Zuhause gewesen sein… Das Restaurant ist eher rustikal bulgarisch. Mein Hauptgericht (Burgas Nights) war leider fetttriefend und nicht so lecker. Alle andere Gerichte haben gut geschmeckt und es gab einen besonders leckeren Ayran. Das ist ein Getränk was gerade angenehm ist wenn es sehr heiß ist. Ayran ist eine Mischung aus Joghurt, Wasser und Salz. Wie es gemischt wird fällt natürlich immer ein bisschen unterschiedlich aus.
Relaxzeit im Hotel
Wieder zurück im Hotel haben wir es uns erstmal gemütlich gemacht im Whirlpool. Ich fand es sehr angenehm das der Wellnessbereich 24 Stunden am Tag auf hatte. Man könnte theoretisch dann auch noch hin kurz bevor man ins Bett geht. Die Sauna haben wir nicht ausprobiert.
Am Abend haben wir dann sehr entspannt auf der Terrasse vom Hotel gegessen. Die Kellnerin hatte eine gute Weinempfehlung für uns: Mavrud. Eine Rebsorte die wir noch nicht kannten, die in Bulgarien aber weit verbreitet ist. Das war eine ausgezeichnete Wahl. Seitdem gucken wir immer ob wir Mavrud irgendwo im Geschäft sehen. Leider ist dieser Wein in Deutschland noch nicht sehr bekannt.
Eine hübsche rote Katze hatte wohl richtig eingeschätzt das sie bei uns gute Karten hat und vielleicht was abbekommt….Sie saß deswegen die ganze Zeit neben unserem Tisch. Abendessen zu dritt also…
Nach dem Essen sind wir noch eine kleine Runde durch die Stadt gelaufen. Es gab viel Hotels, einige Restaurants und kleine Geschäfte. Auf dem Weg zurück haben wir noch ein Eis gegessen und dann ging es zurück zum Hotel. Der Eisverkäufer sprach übrigens deutsch, er hatte einige Zeit in Deutschland gewohnt, sehr praktisch für uns…
Alles so normal…
Am nächsten Tag hatten wir noch den ganzen Vormittag in Velingrad. Nach dem Frühstück haben wir den Außenpool ausprobiert. Der lag noch im Schatten, das Wasser war aber trotzdem angenehm warm, ich nehme an weil es Thermalwasser ist. Nach einer Weile wurde es aber ein bisschen voll, wir sind dann nochmal kurz in den Whirlpool umgezogen. Dann war es auch schon Zeit die Koffer zu packen. Wir durften die Koffer an der Rezeption lassen während wir nochmal in die Stadt gingen. Diesmal an dem Markt vorbei, wo es tolles Gemüse/Obst und Marmeladen gab und zur Fußgängerzone. Die Geschäfte waren nicht so interessant aber es waren viele Leute unterwegs. Ich mochte sehr das es alles so normal schien…einfach Leute in ihrem Alltag.
Weiter mit der Schmalspurbahn bis Razlog
Als wir unsere Koffer abgeholt haben, haben sie für uns ein Taxi bestellt. Wir wollten nicht nochmal den Weg zum Bahnhof durch die Mittagshitze mit Koffer gehen… Das ging mit dem Taxi flott und günstig.
Unser Zug fuhr um 14.07 Uhr, quasi der gleiche Zug den wir am Tag vorher verlassen hatten. Die Strecke von Velingrad bis Razlog war noch viel schöner und interessanter als nach Velingrad. Wir sahen liebliche Wiesen, verschlafene Dörfer, Schäfer mit seiner Herde, die schlanken Türme von Moscheen, und viele Tunnel…
Pomaken: Eine muslimische Minderheit
In den Rhodopen lebt ein Großteil der Pomaken, eine Minderheit in Bulgarien. Sie sprechen bulgarisch oder auch eine Mischform von türkisch und bulgarisch und sind Muslime. Es fällt tatsächlich auf das es überdurchschnittlich viele Moscheen gibt in den Rhodopen, auch kleine Dörfer haben oft eine Moschee. Man erkennt die Frauen an ihre bunten Kopftüchern und Pluderhosen. Sie leben hauptsächlich von der Landwirtschaft. Häufig sieht man sie wohl auch im Zug der Rhodopenbahn wenn sie auf dem Weg zum Markt sind um ihre Produkte zu verkaufen.
Leider waren die Fenster vom Zug sehr dreckig wo wir saßen (oder eher: feucht auf der Innenseite von der Doppelverglasung), deswegen war es schwer mit rausgucken und vor allem Foto’s machen. Als aber immer wieder Leute ausstiegen und wir dauernd nachgerückt sind, wurde der Platz immer besser. Bis wir einen 4 Sitzer mit Aussicht erobert hatten!
Pension Deshka
In Razlog sind wir ausgestiegen und wurden da mit dem Auto abgeholt von Vlado, der Gastgeber von unserer Pension in Gorno Draglishte. Wir wurden herzlich empfangen in der Pension Deshka. Das Zimmer war klein und basic, aber sauber. Das Badezimmer war noch kleiner, und war wie üblich in Bulgarien mit Dusche und Klo in einem Raum (ohne Duschwanne oder andere Abtrennung).
Viele Obst und Gemüsesorten wachsen im eigenen Garten der Pension Deshka. Als wir kamen waren gerade Eimer voller Pfirsiche geerntet worden die Deshka zu Marmelade kochen würde. Auch Kräuter hingen zum Trocknen unter dem Dach. Sie haben sich der Slow Food Bewegung angeschlossen und so ist auch die ganze Atmosphäre: Traditionell und mit Aufmerksamkeit für die Produkte. Vieles kommt aus dem eigenen Garten, von Freunden, oder sonst aus dem Dorf.
Zur Kapelle und einen Rundgang durch Gorno Draglishte
Bis zum Abendessen war noch ein bisschen Zeit, also machten wir uns auf dem Weg zur Kapelle. Das stellte sich als guter Tipp von Vlado raus. Es war nicht weit, aber ein schöner Weg nach oben auf den Hügel. Die Kapelle war klein aber fein und die Aussicht rundum war großartig. Man sieht sowohl das Pirin-Gebirge wie auch das Rila-Gebirge. Außerdem wandert man durch wunderbare Blumenwiesen dahin, im Frühling ist das bestimmt noch schöner als es jetzt schon war.
Nachdem wir wieder unten waren haben wir uns für eine kleine Runde durch das Dorf entschieden. Gorno Draglishte ist wirklich sehr klein, ungefähr 880 Einwohner. Ein ziemlich normales Dorf, Touristen haben wir keine gesehen (außer die in unserer Pension…). Es gibt immerhin zwei Kirchen, noch ein Hotel, ein Café und einen Geldautomaten. Nichts aufregendes also. Das kann man von dem Abendprogramm in der Pension Deshka nicht behaupten…
Ein bulgarischer Abend mit tollem Essen
Als wir zurück waren in der Pension war es schon fast Zeit für das Abendessen, und das ist in der Pension Deshka ein jeder Hinsicht ein Erlebnis. Nicht nur die Gäste von der Pension waren da, sondern auch noch eine extra Gruppe von außerhalb. Wir wurden begrüßt von drei älteren Damen in traditioneller bulgarischer Kleidung die uns wohl auch das Essen bringen würden, und uns erstmal zu unserem Tisch brachten. Wir teilten unseren Tisch mit zwei Frauen die Bulgarisch konnten, und eine davon sprach auch englisch. Das war unser Glück, weil alle sonst nur bulgarisch sprachen und und wir einiges an Info nicht mitbekommen hätten. Die drei Damen waren sehr freundlich und bemüht unsere Fragen zu beantworten, aber ohne Dolmetscher wäre das sehr schwer geworden.
Zuerst gab es für alle einen Rakia (kleine Gläschen gibt es nicht in Bulgarien…), danach selbstgemachte Holunderlimonade, beides sehr lecker. Wir fingen an mit einer Suppe und super leckeres Brot. Ich musste mich wirklich zusammenreißen nur wenig davon zu essen denn das war ja erst der Anfang… Danach gab es Banitsa (ein Blätterteiggebäck, ähnlich wie Börek), MischMasch (verschiedene Gemüsesorten, Ei und Schafskäse), und Gemüse.
Auf www.einfachgutereisen.com gibt es einen interessanten Bericht über Deshka und ihre Pension.
Beeindruckender Bulgarischer Gesang
Zwischendurch gab es Gesangseinlagen von den drei Damen mit traditioneller bulgarischer Musik. Ich kenne diese Klänge hauptsächlich von Trio Bulgarka, ebenfalls ein Damentrio, die bei mehreren Aufnahmen von Kate Bush gesungen haben. Ich mag den Klang sehr, es ist aber furchtbar laut und man sollte am besten nicht direkt daneben stehen… 🙂 Es war sehr beeindruckend dass diese drei ältere Damen volumenmäßig einige professionelle Opernsängerinnen in Grund und Boden singen würden…
Es war auch noch Zeit für Tanzeinlagen wo alle eingeladen wurden mitzutanzen. Und man konnte traditionelle bulgarische Kleidung anziehen. Dazu hatten wir aber keine Lust weil wir das gerade schon in Plovdiv (siehe: Retro Photo Plovdiv) gemacht hatten. Es hat aber auch Spaß gemacht den anderen beim Tanzen zuzugucken.
Als Nachtisch gab es dann noch Joghurt vom Schaf mit Honig. Ich fand es sehr lecker, aber es ist schon ein spezieller Geschmack vom Schaf… Das Singen und Tanzen ging noch eine Weile weiter, aber wir sind auf unser Zimmer gegangen und sind fast sofort eingeschlafen…
Am nächsten Tag ging es weiter mit der Schmalspurbahn in das Weindorf Melnik und zum Rilakloster.
Bulgarien Reise
- Teil 1: Plovdiv: Tipps für diese bezaubernde Stadt
- Teil 2: Mit der Schmalspurbahn durch die Rhodopen
- Teil 3: Von Melnik zum großartigen Rila Kloster
- Teil 4: Sofia: Bulgariens unbekannte Hauptstadt
- Teil 5: Der kleine Nachbar von Varna: Sveti Konstantin